Die Gedanken sind frei

wochenblatt.pl 7 godzin temu
Zdjęcie: Bernard Gaida


Genosse Wiesław alias Lucjan?

Es ist mir gelungen, abzuwarten, bis der Skandal um die „Predigt“ vonetwas abgeklungen ist. Wie viele vor mir sage ich: So unchristliche Worte aus dem Mund eines Bischofs überraschen. Die Gläubigen im Tschonstochauer Paulinerkloster davon zu überzeugen, dass „ein Deutscher dem Polen niemals ein Bruder sein wird, solange die Welt besteht“, mag vielleicht noch kein direkter Aufruf zum Hass sein – aber es ist mit Sicherheit eine Absage an Werte wie Vergebung und Versöhnung. Genau dieser Teil der Ansprache (denn als Predigt kann man das nicht bezeichnen) ist besonders schädlich.

Nach solchen Worten sollte derselbe Redner nicht das Andenken an Papst Johannes Paul II. oder Kardinal Stefan Wyszyński bemühen, die er als jene nannte, die „uns die Vaterlandsliebe lehrten“. Denn sie lehrten eine andere, offene und verantwortungsvolle Liebe zum Vaterland. Beide waren Unterzeichner des berühmten Briefes der polnischen Bischöfe an die deutschen Bischöfe aus dem Jahr 1965, in dem – nur 20 Jahre nach dem Krieg – die Worte standen: „Wir vergeben und bitten um Vergebung.“

Damals protestierten nicht nur die regierende Partei unter Gomułka, sondern auch ein Großteil der Gesellschaft gegen das Episkopat. Es scheint, als hätte Bischof Wiesław Mering mit seinen heutigen Ansichten damals gegen den Primas und auf Seiten der kommunistischen Partei stehen müssen. Symbolisch ist in diesem Zusammenhang die Namensähnlichkeit mit dem Spitznamen „Genosse Wiesław“, der an Gomułka haftete.

Wiesław Alojzy Mering (geb. am 10. Dezember 1945 in Żukowo) – polnischer römisch-katholischer Bischof, seit 2003 Diözesanbischof von Włocławek.
Foto: Kolanin/Wikipedia.pl

Ich schreibe dies besonders deshalb, weil ich mich als Deutscher, Schlesier, Mitglied der deutschen Minderheit und Katholik persönlich von diesen Worten verletzt fühle. Ein Bischof der katholischen Kirche in Polen hat erneut bestritten, dass diese Kirche katholisch ist – also auch für Deutsche da ist.

Nur 55 Kilometer von Jasna Góra entfernt liegt Guttentag (Dobrodzień), das mit zweisprachigen Ortsschildern empfängt. Jeden Sonntag um 9:00 Uhr versammeln sich dort Gläubige zur Heiligen Messe in deutscher Sprache. Und das geschieht seit drei Jahrzehnten – in Eintracht, brüderlich.

Die Einführung deutscher Messen wurde bereits 1989 von Erzbischof Alfons Nossol persönlich mit Papst Johannes Paul II. besprochen. Der Papst ermutigte ihn dazu mit seiner Botschaft zum Weltfriedenstag „Die Achtung der Minderheiten – eine Bedingung für den Frieden“. Wie sehr Bischof Mering mit seiner Haltung von der Lehre Johannes Pauls II. abweicht, zeigt ein Satz aus jener Botschaft besonders deutlich:

„Ebenso wie Diskriminierung in der Kirche keinen Platz haben darf, darf kein Christ bewusst Strukturen oder Haltungen fördern, die Personen von anderen Personen, Gruppen von anderen Gruppen trennen.“

Nicht nur die Ansprache Mering war ein Widerspruch zu dieser Lehre, sondern auch die ganze Intention der Versammlung bei den Paulinern in Tschenstochau. Sich in einer von Vorurteilen durchdrungenen Rede auf die Lehre Johannes Pauls II. zu berufen, ist eine Verhöhnung seines Erbes.

Zum Schluss noch ein weiteres Wort, das der Bischof – der so gerne mit Anklagen um sich wirft – offenbar vergessen hat:

„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“

Ein Bischof der katholischen Kirche in Polen hat erneut bestritten, dass diese Kirche katholisch ist – also auch für Deutsche da ist.

Diese Warnung Jesu bewahrheitete sich sofort nach jener politisch aufgeladenen Rede – die Medien erinnerten öffentlich daran, dass derselbe anklagende Bischof Mering zu Zeiten der Volksrepublik Polen ein inoffizieller Mitarbeiter der kommunistischen Staatssicherheit unter dem Decknamen „Lucjan“ war.

Die Worte aus dem Lukasevangelium erinnern mich immer wieder an Demut – denn niemand von uns ist ohne Schuld. Aber im Kontext von Grenzen, Migration und Deutschland ist es wert, sich auch die weiteren Verse (Lk 6, 37–38) in Erinnerung zu rufen:

„Vergebt, dann wird euch vergeben. Gebt, dann wird euch gegeben. (…) Denn mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch gemessen werden.“

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